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Großverfahren zum Bauvorhaben Leuze-Tunnel beginnt

Datum: 07.09.2020

Kurzbeschreibung: Rund 115 Mio. Euro zwischen Landeshauptstadt Stuttgart und dem Bauunternehmen im Streit

Vor der 28. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart beginnt am

Montag, den 14. September 2020 um 10.00 Uhr im Saal 105

unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Dr. Wittig der Rechtsstreit der Landeshauptstadt Stuttgart gegen die Firma Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH und die Firma Wolff & Müller Hoch- und Industriebau GmbH & Co. KG wegen des Bauvorhabens Leuze-Tunnel (Aktenzeichen 28 O 194/18).

Verfahrensinhalt
Zwischen den Parteien steht die Abrechnung des von der Stadt Stuttgart gekündigten Bauvertrages über das Bauvorhaben „B10/B14 Verbindung am Leuze“ im Streit.

Während die klagende Stadt von ihren bereits geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von rund 29 Mio. Euro rund 13 Mio. Euro zurückfordert und darüber hinaus Schadensersatz in Höhe von rund 46,7 Mio. Euro wegen erhöhter Kosten der Fertigstellung geltend macht, verlangen die beiden beklagten Bauunternehmen für bereits erbrachte und kündigungsbedingt nicht mehr erbrachte Leistungen eine restliche Vergütung von annähernd 55 Mio. Euro. Darin enthalten sind mehr als 30 Mio. Euro für eine Vielzahl im Einzelnen streitiger Nachtragsleistungen. Der Gesamtstreitwert des Großverfahrens beträgt damit rund 115 Mio. Euro.

Programm des ersten Verhandlungstermins
In dem anstehenden Termin wird über die vorab zu entscheidende Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des Bauvertrags durch die Stadt Stuttgart verhandelt. Hiervon hängt in weiten Teilen der Erfolg oder Misserfolg der gegenseitig erhobenen Ansprüche ab. Die Parteien streiten über 11 Kündigungsgründe, allen voran über einen behaupteten Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften beim Bau in unmittelbarer Nähe zu den Stadtbahngleisen der SSB. Zum Termin ist ein Sachverständiger für den schienengebundenen Personennahverkehr geladen.

Hochkomplexes Umfangsverfahren
Das Leuze-Tunnel-Verfahren ist ein hochkomplexes Umfangsverfahren, das die Kammer voraussichtlich auf Jahre hinaus binden wird. Die Schriftsätze der Parteien umfassen inzwischen mehr als 4.500 Seiten. Außerdem haben die Prozessparteien rund 180 Ordner mit Unterlagen vorgelegt. Alleine die Schlussrechnung der Beklagten umfasst 24 Aktenordner.

Umfangsverfahren in dieser Größenordnung sind am Großstadtgericht Stuttgart keine Ausnahme, sondern eine regelmäßige Herausforderung – aktuell etwa die rund 280 Lkw-Kartell-Verfahren, die rund 350 Anlegerklagen wegen unterlassener Kapital-marktinformationen im sogenannten Dieselabgasskandal oder die Schadenersatzklage des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Maple Bank gegen die Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft Ernst & Young GmbH wegen behaupteter pflichtwidriger Testate und fehlerhafter Beratung. Neben dem Leuze-Tunnel-Verfahren sind in der 28. Zivilkammer derzeit 443 weitere Zivilverfahren anhängig, die von den drei Berufsrichtern der Kammer parallel dazu bearbeitet werden müssen. Darunter befinden sich 26 weitere Bausachen, die ebenfalls Großprojekte – unter anderem die Universitätsbibliothek Freiburg, ein Hörsaalgebäude der Universität Hohenheim und die neue John-Cranko-Schule – betreffen.



Elena Gihr, Sprecherin des Landgerichts in Zivilsachen

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